Rot geht Zelten und Blau geht Baden
Blau ist leichtfüßig und Gelb korpulent
Gelb ist helle und Rosa verklemmt
Rosa schrammt Gelb und Blau ist aus dem Häuschen
Gelb nimmt Rot in Kauf und Blau Rosa in Zahlung
Rot geht Zelten und Blau geht Baden     So und ähnlich lauten die Titel seiner Bilder. Sie lassen sich lesen wie scheinbar verläßliche Hinweise auf Bildinhalt und Darstellungsabsichten des Künstlers.

   In knappen und eindeutigen Worten wird gesagt, was ist und behauptet, dass es so ist. Es sind für sich stehende Aussagen, die verbal aktualisiert dem Bildspektrum spielerisch zugeordnet sind.

  In den schillernsten Aussagevarianten sind im Laufe der Kunstgeschichte Bildwerke mit Titeln belegt worden, angefangen von nüchternen Datenangaben bis hin zu phantastisch formulierten Kommentaren, von der effektvollen Namensgebung bis hin zum verbal schriftlichen Verzicht: "ohne Titel".

  Nicht zuletzt geschieht dies alles aus dem Wunsch heraus, die Verschlüsselungen eines Bildes nicht verschlossen zu halten. Allerdings können die Wortkonstruktionen der Titel die Bilder nur begleiten, nicht aber erklären. In welcher Position auch immer ein Titel dem Bild gegenübersteht, er impliziert einen Kommunikationsantrag.
Blau ist leichtfüßig und Gelb korpulent      Ulrich Barth rückt die Kombination von Bild und Titel in ein ironisches Verhältnis der Verwicklung von Präsensform und Konjunktiv, in ein assoziatives Spannungsfeld, in dem sich Wort und Zeichen anreizen und einander ausschließen. Die Titel seiner Bilder konkretisieren, seine Bilder aber entziehen sich der konkreten Aussage dieser Worte. Der aphoristische Bildtitel gerät in Widerspruch zur Anwesenheit des Bildes.

  Hier liegt die Vermutung nahe, dass über die Bildgestaltung hinaus eine weitere Kommunikationsidee verfolgt wird, die der Bildbetrachtung dienen soll. Dabei setzt der Maler auf die Lust des Bildbetrachters, in Dimensionen des Abstrakten zu denken und tendenzfrei zu sehen.

  Der Maler Ulrich Barth will seine Bilder als rein visuell kommunizierbare Objekte gesehen wissen. Das durch die Titelworte erzeugte Bild der Phantasie wird zum Gegenbild einer malerisch gestalteten Bildwirklichkeit. Wer die Metaphern zum Anlaß nimmt, die ästhetischen Reize dieser Bilder zu entdecken, findet sich bald in einem Zustand der Betrachtung hinein, der die Eigenständigkeit der Zeichen und ihre Bedeutung im  Bild erkennen läßt.
Gelb ist helle und Rosa verklemmt      In seinen Arbeiten bringt Ulrich Barth die Vielfalt malerischer Reize einer gestischen Malerei in virtuoser Weise zur Darstellung. Sie ist zeitgerecht, modern geblieben und wird ständig von ihm aktualisiert.

     Seine Zeichen vervollständigen sich zu Größerem, in denen sich das Übereinander und das Untereinander her mit einer scheinbaren Räumlichkeit verbinden will, auf einem Grund dessen Ebene verloren geht und sich an einigen Stellen wieder spannt.

     Das Repertoire der Zeichen resultiert aus dem Malvorgang. Es sind Zeichen turbulenter Bewegungsaktionen, die im Raum abliefen und in Berührung mit der Bildfläche als Kontaktspuren sichtbar wurden. Sie signalisieren freigesetzte Energie, deren Kraftfeld vom Duktus unsteter Bewegungen gezeichnet ist. Ein Linienwerk, das Bewusstsein wecken will, das aber Erkennbarkeit zerbrechen lässt.

  Während des Malprozesses entstehen Zeichen, die mit hoher Geschwindigkeit in den Grund eingepeitscht sind und Zeichen, die sich in langsamen Bewegungen auf dem Malgrund ausbreiten. Die Zuordnung der Zeichen, die Kontrastierungen und Verschmelzungen, die Zeichenverdichtung und die Herausstellung einzelner Akzente, die Leuchtkraft der Farbe und ihre Trübung, die Verwicklungen und Kollisionen erscheinen deutlich als Resultanten subjektiver Einfühlungskraft. Nach wie vor betreibt Ulrich Barth eine Malerei, die von Bild zu Bild die Aktualität seiner Malauffssung bestätigt.
Orange hält sich am Drachen fest
   Die künstlerische Intention ist primär auf Intuition gestützt, die den Gestaltungsprozeß lenkt. Die Bilder vermittlen den Eindruck fließender Zusammenhänge, sie sind als Dokumente eines dauernden Malprozesses zu verstehen, von dem im einzelnen Bildjeweils ein Moment festgehalten ist.

Prof Günther W. Sellung